Geschwister - zwischen Liebe, Streit und Eifersucht
Die Geschwisterbeziehung ist etwas ganz Besonderes im Leben eines Menschen, denn im besten Fall ist sie die längste Beziehung unseres Lebens. Im Kindesalter können Geschwister gemeinsam auFdffwachsen, miteinander spielen und voneinander Lernen. Im Erwachsenenalter können sie sich Familie, Freunde und Stütze sein. Die Bindung unter Geschwistern muss sich aber erst entwickeln und das benötigt Zeit. Auch, wenn Geschwister eine gute Bindung haben, bedeutet das selbstverständlich nicht, dass die Beziehung immer harmonisch und friedlich verläuft - es entstehen auch große Konflikte und Streitereien unter Geschwistern, wie in Paar- und Freundschaftsbeziehungen eben auch. Auf der anderen Seite können Geschwister dann aber auch sehr fest zusammenhalten, vor allem beispielsweise beim Vertreten der eigenen Interessen gegenüber den Eltern. Gerade diese Mischung aus Freundschaft und Rivalität kann sogar förderlich für die Entwicklung sein, da sie den Umgang mit Konflikten, Kompromissen und Solidarität lehrt.
Geschwister können viel voneinander lernen - gerade die jüngeren Geschwister lernen viele Dinge durch das Vorbild der älteren Geschwisterkinder. Das zu können, was der große Bruder oder die große Schwester schon kann, ist dabei oft ein großer Anreiz.
Ob sich zwischen den Geschwistern eine positive Beziehung entwickelt, hängt auch vom Einfluss, dem Verhalten und der Behandlung der Eltern ab. Es ist nicht immer einfach, allen Kindern gerecht zu werden. Jedes Kind braucht Liebe, Fürsorge und Unterstützung. Jedes Kind hat sein eigenes Entwicklungstempo. Und jedes Kind möchte mit allen seinen individuellen Eigenschaften gesehen und verstanden werden.
Was tun, wenn Geschwister sich streiten?
Streit kann aus den kleinsten Anlässen entstehen und oft ist nicht klar, was hinter den Streitereien steckt. Sollten solche Situationen häufiger vorkommen, kann das den Familienalltag erheblich belasten.
Vorbeugende Maßnahmen
1. Eigener Freundeskreis. Kinder dabei unterstützen, einen eigenen Freundeskreis aufzubauen. Geschwister können miteinander spielen, müssen aber nicht.
2. Rückzugsorte schaffen. Jedes Kind sollte einen Rückzugsort haben, an dem es auch mal allein sein kann. Das muss nicht zwingend ein eigener Raum sein, auch eine liebevoll gestaltete "Rückzugsecke" kann dafür ausreichen.
3. Altersgerechte Spielangebote. Vor allem ältere Geschwisterkinder müssen häufig Rücksicht auf die Jüngeren nehmen. Wann immer es möglich ist, sollte man darauf achten, dass sie die älteren Geschwister nicht nur nach den Bedürfnissen der kleineren Kinder richten müssen, da das auf lange Sicht zu Frust und Ärger führt.
4. Langeweile vermeiden. Kinder streiten auch häufig, wenn sie nicht ausgelastet sind. Altersgerechte Beschäftigung und Abwechslung kann Abhilfe schaffen. Insgesamt gilt: je glücklicher ausgeglichener alle Mitglieder der Familie sind, desto weniger Konflikte gibt es.
5. Exklusivzeit mit Mama/Papa. Eifersucht ist normal bei Geschwistern. Dennoch ist es schön, wenn sie die Gelegenheit haben, auch mal alleine Zeit mit Mama und/oder Papa verbringen zu können.
6. Bindung stärken. Im Alltagsstress zwischen Terminen, Besuchen und Haushalt / Arbeit leiden oft die Momente, in denen Eltern mit ihren Kindern in Bindung treten können. Die kleinen Momente, wie z.B. intensiver Augenkontakt, Lächeln, aktives Zuhören schaffen es, die Bindung zum Kind zu stärken. Je mehr Bindung das Kind zu den Eltern spürt, desto weniger Unsicherheit hat es und umso weniger muss dies durch Rivalitätskämpfe erreichen.
11 Streitschlicht-Regeln für Eltern:
1. Nicht aus einem Impuls heraus handeln. Eltern müssen nicht immer gleich eingreifen, vor allem, wenn man beim Ausbruch des Streits nicht anwesend war, ist meist nicht zu klären, wer Schuld hat oder angefangen hat. Hier gerecht zu sein, ist nahezu unmöglich. Außerdem lernen Kinder, ihre Meinung zu vertreten, sich durchzusetzen oder Kompromisse zu schließen und sich wieder zu vertragen. Wenn Kinder bei der Klärung des Konflikts Hilfe benötigen, dann ist es die Aufgabe der Eltern, sie hierbei zu begleiten.
2. Die eigenen Emotionen beruhigen. Wenn man selbst aufgeregt in einen Streit eingreift, kann es leicht passieren, dass man selbst laut wird und so zu keiner guten Lösung kommt.
3. Neutral bleiben. Selbst, wenn man der Meinung ist, den Schuldigen für den Streit ausgemacht zu haben, man sollte als Elternteil keine Partei ergreifen, da dies die Rivalität unter Geschwistern nur verstärkt und zu weiteren Konflikten führt. Man kann nie genau wissen, was dem Streit vorausgegangen ist, wo dieser wirklich begonnen hat und sollte daher auch keine Täter-/Opferrollen vergeben.
4. Eingreifen. Ist absehbar, dass die Kinder ihren Streit selbst nicht lösen können, die Stimmung lauter / aggressiver oder ein Kind stiller wird, darf und sollte man eingreifen, indem man zum Beispiel fragt was los ist und jedes Kind seinen Standpunkt erklären darf. Man kann dies nochmal zusammenfassen, schauen wem was besonders wichtig ist und anschließend gemeinsam nach einer Lösung suchen.
5. Lösungen anbieten, nicht vorgeben. Es ist wichtig, dass Kinder lernen, ihre Konflikte selbst zu lösen und sie dazu angeleitet werden. Man sollte es daher möglichst vermeiden, ihnen zu sagen, was sie tun oder lassen sollen. Lass die Kinder (je nach Alter) eigene Lösungen finden. Selbstverständlich dürfen Eltern aber Vorschläge machen.
6. Räumliche Trennung nur als Erste-Hilfe-Maßnahme. Um die Gemüter zu beruhigen, kann eine vorübergehende Trennung erstmal helfen. Es sollte aber als bewusste Pause und nicht als Strafe oder Lösung eingesetzt werden. Anschließend wieder nach Punkt 5 vorgehen.
7. Keine Vorwürfe. Vorwürfe, Bewertungen oder Verallgemeinerungen wie „Ihr seid unmöglich!“ oder „Müsst ihr euch ständig streiten?“ bringen nicht weiter. Konflikte sind vollkommen normal und dienen der Entwicklung des Sozialverhaltens. Das konkrete Verhalten kann und soll aber durchaus bewertet werden, z.B.: „Dass du deinen Bruder jetzt gehauen hast, war nicht okay!“
8. Auf die eigene Wortwahl achten. Worte können sehr verletzen und oft ist uns gar nicht bewusst, was wir mit dem Selbstwertgefühl unserer Kinder anrichten, wenn wir sie als „Streithammel“ oder ähnliches bezeichnen. Kinder beleidigen oder ihnen das Gefühl geben, als Person falsch zu sein sollte immer unterlassen werden.
9. Keine Schuldzuweisungen. Zum Streiten gehören immer mindestens zwei und auch das Alter spielt dabei keine Rolle. Durch Aussagen wie: „Du bist die Ältere, du musst vernünftig sein und Rücksicht nehmen!“ lernt ein Kind vorrangig, seine Gefühle und Bedürfnisse zu unterdrücken.
10. Nicht nachtragend sein. Erwachsene neigen dazu, den Konflikt noch ewig in Gedanken mit uns herumzuschleppen. Kinder hingegen können sich vertragen und einträchtig weiterspielen, als wäre nie etwas gewesen.
11. Vorbild sein. Kinder lernen ihr Sozialverhalten durch Beobachtung und Nachahmung. Es lohnt sich also ein Blick auf das gesamte Familien-Streitverhalten.
Quellen
Bayerischer Erziehungsratgeber - https://www.baer.bayern.de/familie/familie-hat-viele-gesichter/geschwister/#sec4
Starke Kids - Schluss mit Geschwisterstreit - was Eltern tun können
ARD - Geschwisterbeziehung: Wie sehr unsere Geschwister uns prägen | Psychologie | Verstehen | ARD alpha